Projekt Kitty

Projekt Kitty als letzte Chance

Ein anonymes Schreiben erreicht uns in der Projekt Kitty Station in Paderborn: Bitte helfen Sie in unserer Straße (…) es leben hier so viele arme kranke Katzen und keiner kümmert sich. Sie halten sich bei einem verwahrlosten Haus auf. Sie vermehren sich ständig! Das Tierheim ist informiert und handelt nicht. Die Ämter wissen auch nicht weiter. Bitte helfen Sie den Tieren!

Kater Lenny
Der nackte Kater wird von uns Lenny getauft. Beim Tierarzt wird ein extremer Befall mit Haarlingen diagnostiziert, außerdem eine alte Augenverletzung auf einem und eine Irisverklebung auf dem anderen Auge. Foto: © aktion tier Projekt Kitty

Zeitgleich meldet sich unser Amtsveterinär Dr. Lang mit der Bitte um Hilfe im gleichen Fall und gibt uns noch ein paar Hintergrundinformationen. Es soll sich um ca. 10 Katzen handeln. In dem heruntergekommenen Haus lebt nach einem Todesfall niemand mehr, den Tieren wird aber regelmäßig Trockenfutter angeboten. Wir bekommen noch den Namen und die Anschrift der Besitzer, um unsere Aktion dort anzukündigen und den Zutritt zum Grundstück genehmigen zu lassen und schon kann es losgehen. Mit gepacktem Kitty Fahrzeug voll mit Fallen, Boxen, Decken und Futter geht es los. Aufgrund der Jahreszeit sind wir in Eile, schließlich wollen wir zukünftigen Nachwuchs an dieser Stelle vermeiden und es ist schon wieder Paarungszeit. Die Hausbesitzer sind freundlich und freuen sich, dass endlich etwas passiert. Natürlich haben sie mit den Katzen nichts zu tun, sondern stellen nur hin und wieder Futter hin, wenn wir also neue Plätze für die Tiere hätten, können wir sie gerne alle behalten. Diese Einstellung ist für uns nichts Neues und wir erklären geduldig, dass wir erst einmal schauen müssen um was für Katzen es sich handelt. Sind nur scheue Tiere vor Ort, werden sie kastriert wieder an Ort und Stelle ausgesetzt; sind sie menschlichen Kontakt gewöhnt, können wir versuchen, sie zu vermitteln. Für die weitere Fütterung der Tiere bieten wir Unterstützung mit dem Kitty Trockenfutter an.

Die aufgefundenen Katzen waren alle in einem schlechten Zustand

Nun ja, der erste Eindruck war erschütternd. Das inmitten von gepflegten Häusern gelegene Grundstück ist völlig verwildert, umgestürzte Bäume, zugewucherte Autowracks und Wohnwagen, kaputte Zäune, Holz, ein eingestürztes Vordach… Wir betreten das Grundstück und rufen zweimal „Mietz, Mietz“ und schon sind sie da. Alle bis auf einen wunderschönen roten stattlichen Kater in schlechtem bis sehr schlechten Zustand. Voll mit Parasiten, mit Schnupfen, krank, mit verfilztem Fell, dünn und mit vereiterten Zähnen und Augenverletzungen aufgrund von Kämpfen ist die erste schnelle Bestandsaufnahme der Krankheitsbilder. Doch dann kommt noch ein Kater um die Ecke und zwar so gut wie nackt. Wir hocken uns hin und locken ihn an. Nach kurzem Überlegen kommt er und lässt sich streicheln. Er zittert und bibbert am ganzen Körper. Wie jedes Mal bei einem solchen Fall, fragen wir uns: Warum musste es so weit kommen, warum hat man uns nicht eher informiert und warum hat nicht jemand anderes gehandelt im Angesicht von so viel Elend und Leid direkt vor unserer Haustür? Aber diese Fragen bleiben wie immer unbeantwortet stehen.

Wir sind erschrocken über den Zustand des Katers und sind uns sofort einig: Der kann hier nicht bleiben! Also holen wir eine Box und locken ihn mit ein wenig Futter hinein. Eine weitere ist so krank, dass ihr das Laufen schwer fällt. Sie ist groß und eigentlich wunderschön, wenn man von ihrer jetzigen Verwahrlosung absieht. Auch diese Katze nehmen wir sofort mit, die anderen werden zunächst in der Falle angefüttert und dann ab dem nächsten Tag gefangen und beim Tierarzt kastriert.

Unsere beiden Neuzugänge werden sofort zum Tierarzt gebracht. Der nackte Kater wird von uns Lenny getauft. Beim Tierarzt wird ein extremer Befall mit Haarlingen diagnostiziert, außerdem eine alte Augenverletzung auf einem und eine Irisverklebung auf dem anderen Auge. Er lässt alle Untersuchungen geduldig über sich ergehen, so als ob er weiß, dass nun ein neues Leben für ihn beginnt. Die große Kätzin hat so schlimm vereiterte Zähne, dass sie erst einmal stationär aufgenommen werden muss. Wenn sie sich etwas erholt hat, wird sie in Narkose gelegt, um die Zähne zu sanieren und sie zu kastrieren. Wir machen ein Blutbild, um zu sehen, wie fit ihre Organe sind. Bei der Blutabnahme liegt sie schnurrend in unserem Arm und scheint sich nur über die ungewohnte Zuwendung zu freuen.

Lenny hat sich gut eingelebt

Am nächsten Tag dürfen wir unseren Lenny in die Station holen. Er ist nun kastriert, tätowiert, entwurmt und entfloht. Den Rest muss gute Pflege, gutes Essen und liebevolle Zuwendung bringen. Nach einigen Tagen hat er sich gut eingelebt und ist an einem Platz direkt vor der Heizung unter einem Rotlicht im wahrsten Sinne des Wortes aufgetaut! Mittlerweile wächst sein Haar nach und wir konnten einen lebensfrohen, total spielfreudigen Jungkater kennen lernen. Er rauft für sein Leben gern mit anderen Katzen, wird dabei aber nie böse. Gerne hüpft er auch aus einem Versteck auf uns zu, nur um sich darüber zu freuen, wenn wir uns erschrecken. Kurzum er hat den Schalk im Nacken.

Für uns ist es immer wieder erstaunlich, wie sich gerade derartig verwahrloste und vom Menschen verlassene Tiere zu einem solchen Sonnenschein entwickeln. Aber das ist ja das Tolle am Tierschutz: Wir arbeiten mit Tieren und die leben im Augenblick, haben keine schweren Gedanken an Vergangenes und keine Zukunftsängste und genießen einfach was jetzt ist. Ich denke, da können wir noch viel von ihnen lernen. Bei Lenny kommt es uns so vor als ob er immer schon bei uns war. Wir suchen jetzt für diesen tollen jungen Kater ein neues Zuhause, gerne als Zweitkatze mit Freigang bei Menschen, die Spaß daran haben, seine tolle Entwicklung zu begleiten.

Die zahnkranke Kätzin konnte zu einem Mitarbeiter des Tierarztes umziehen, sie hat sich schlicht und einfach in sein Herz geschnurrt! Es geht ihr mit jedem Tag besser und sie entwickelt sich langsam zu einer selbstbewussten Diva – einfach toll! Alle anderen Katzen sind nun kastriert und tierärztlich versorgt, die Fütterung ist auch gewährleistet. Da es sich bei diesen Tieren um sehr menschenscheue Katzen gehandelt hat, konnten wir nicht mehr für sie tun. Aber durch die Kastration hat sich ihre Lebensqualität immens verbessert. All diese Hilfe ist nur durch unsere Mitglieder möglich, denn ohne sie wäre ein derartig kostenintensives Projekt wie unser Projekt Kitty nicht möglich. Dafür danken wir Ihnen von Herzen!

Susan Smith

Projekt Kitty, Partnerbetreuung NW/RP/HE