Animal Hoarding | Tierschutzfälle mit Kleintieren | Tierheim 'aktion tier Zossen'

Animal Hoarding- Fall 2 Berlin-Spandau: 28 Degus leiden in winzigem Käfig

Die 28 Nager kauern auf dem Gitterboden des viel zu kleinen und völlig kahlen Drahtkäfigs. Wassernäpfe und ein Stück Holz sind das einzige Inventar. Einstreu, Unterschlüpfe, Beschäftigungsmöglichkeiten, Futter – alles nicht vorhanden. Einige Jungtiere kommen die Gitter hochgeklettert und schreien jämmerlich.

Degu-Baby am Gitter.
Degu-Baby am Gitter. Foto: © aktion tier, Ursula Bauer

Es findet eine unkontrollierte Vermehrung statt, zwischen den Erwachsenen tummeln sich zahlreiche Jungtiere unterschiedlichen Alters. Immer wieder kommt es aufgrund der beengten Verhältnisse zu Beissereien, gelegentlich liegen tote Tiere im Käfig. Der Halter, ein junger Erwerbsloser, der bei seiner Mutter lebt, merkt nicht, dass die vielen Tiere in ihrem kleinen Gefängnis direkt neben seinem Bett leiden. Das ist typisch für Animal Hoarder oder auch Tiermessies. Erst als sich die Mutter wegen des Gestanks an aktion tier wendet, wird ihm durch unsere Mitarbeiter klar gemacht, dass seine Deguhaltung Tierquälerei ist und gegen das Tierschutzgesetz verstößt.

Vor die Wahl gestellt, angezeigt zu werden oder uns die Tiere zu übereignen, entscheidet sich der Mann schließlich für die zweite Möglichkeit und wir können die Degus mitnehmen. Im Tierheim aktion tier Zossen werden sie erst einmal von unserer Tierärztin untersucht. Um eine weitere Vermehrung zu verhindern, müssen die Nager nach Geschlecht getrennt gehalten werden. Wie sich herausstellt, besteht die Gruppe aus 13 weiblichen und 15 männlichen Degus. Ihr Ernährungszustand ist ganz gut, allerdings haben mehrere Tiere weiße anstelle der arttypisch gelben Zähne – ein charakteristisches Symptom einer Mangelerscheinung durch nicht artgerechter Fütterung. Folgen von Bissverletzungen wie Narben und geschlitzte Ohren findet die Tierärztin bei der Untersuchung mehrfach.

Jeder Degu wird gegen Ektoparasiten (Aussenschmarotzer) behandelt und mit einem winzigen Microchip gekennzeichnet. Es werden noch Kotproben zur Untersuchung gesammelt und dann geht es in die Quarantänestation. Obwohl es nur eine vorübergehende Unterbringung ist, muss es für die Tiere nach der Tortur im Drahtkäfig das reinste Paradies sein. Die beiden abwechslungsreich gestalteten Gehege für die Männchen- und die Weibchengruppe werden gleich neugierig erkundet. Erst genüsslich im Sand baden – vielleicht das erste Mal im Leben - und dann ausgiebig fressen. Duftendes Heu und allerlei Grünzeug. Das schmeckt. Danach wird geruht, in einem der vielen gemütlichen Schlafhäuschen.

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Was Degus brauchen, um sich wohl zu fühlen.

Die natürlicherweise in Chile vorkommenden kleinen Nagetiere werden erst seit den 1980er Jahren in Europa als Haustiere gehalten. Um den sehr sozialen Gruppentieren gerecht zu werden, müssen immer mehrere Tiere gemeinsam in einem möglichst großen, vielseitig gestalteten Gehege gehalten werden. Pro Tier ist mit einer Gehege-Grundfläche von mindestens 0,5 Quadratmetern zu rechnen. Degus sind neugierig und aktiv. Sie brauchen einen abwechslungsreichen Lebensraum mit Spielelementen, Schlafhäuschen, Gängen und Laufrädern. Ein Gehege mit mehreren Etagen, die mit Treppchen oder Ästen verbunden sind, lädt zum Klettern ein. Sämtliche Utensilien sollten aus Naturmaterialien wie Holz und Stein bestehen, da Degus alles anknabbern und Plastikteile leicht verschlucken könnten. Die artgerechte Ernährung der kleinen Nager besteht in erster Linie aus Gräsern, Kräutern und Bio-Gemüse, ergänzt durch hochwertiges Heu.

Ursula Bauer

Diplom-Biologin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.