Hausschweine | Massentierhaltung

Massentierhaltung auf sechs Etagen – Das Schweinehochhaus ist Geschichte

Kaum ein anderer landwirtschaftlicher Betrieb erlangte in den vergangenen Jahren eine so traurige Berühmtheit wie das sogenannte Schweinehochhaus. Der in die Jahre gekommene, ehemalige DDR-Prestigebetrieb in Maasdorf bei Köthen (Sachsen-Anhalt) war das Paradebeispiel für die industrielle Massentierhaltung.

Foto: © Jan Peifer

Ohne auf die Bedürfnisse der Tiere Rücksicht zu nehmen, wurden hier auf sechs Etagen rund 3.000 Zuchtsauen in Kastenständen gehalten. Möglichst viele Tiere auf möglichst wenig Platz halten zu können, das war das große Alleinstellungsmerkmal des 1969/70 eröffneten Betriebes. Europaweit ist er bis heute einzigartig – doch dieser Betrieb ist nun Geschichte.

Vor rund zehn Jahren hatten Tierschützer erstmals Bildmaterial aus dem Inneren des Schweinehochhauses veröffentlicht und auf die katastrophalen Haltungsbedingungen für die Tiere aufmerksam gemacht. Dazu gehörte auch, dass es keine Möglichkeit gab, das Schweinehochhaus zu evakuieren. Zwar konnten die Tiere zwischen den Etagen mit zwei kleinen Lastenaufzügen hin- und hergefahren werden, doch im Falle eines Brandes hätten diese nicht ausgereicht. Tausende Tiere wären einem Feuer zum Opfer gefallen. Dieser Kritikpunkt fand schließlich auch die Unterstützung von Politikern im Landtag, dennoch passierte erst einmal nichts.

Tierschützer erstatteten Anzeigen gegen die Betreiber, eine niederländische Firma.

In den nächsten Jahren gelangten weitere Bilder aus dem Schweinehochhaus an die Öffentlichkeit, weitere Anzeigen folgten, und in mehreren Kundgebungen mit bis zu 650 Teilnehmern aus ganz Deutschland direkt vor dem Betriebsgelände forderten Aktivisten immer wieder die Schließung der Anlage. Doch erst eine groß angelegte Rechercheaktion brachte das Fass zum Überlaufen. Im Winter 2017/2018 installierten die Tierschützer versteckte Kameras, die das Geschehen im Schweinehochhaus ungeschönt dokumentierten. Die Ergebnisse waren schockierend, denn erstmals wurden neben den ungenügenden Haltungsbedingungen auch Mitarbeiter gefilmt, die ganz offensichtlich gegen Gesetze verstießen. Zuchtsauen in den Kastenständen wurden geschlagen und getreten, Ferkel wurden brutal mit dem Kopf auf den Betonboden geschlagen, um sie zu töten. Immer wieder zeigen Aufnahmen aus Schweinezuchtbetrieben, dass dies eine weit verbreitete Praxis ist. Nichtsdestotrotz ist sie eindeutig verboten und ein strafbarer Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Daher wurde gegen die Mitarbeiter erneut Strafanzeige gestellt. Zwei von ihnen wurden zu Geldstrafen verurteilt, ein Mitarbeiter daraufhin entlassen. Zusätzlich wurde von den Veterinärbehörden eine umfangreiche Liste von Missständen veröffentlicht, die nach dem letzten Kontrollbesuch festgestellt worden waren.

Schweinehochhaus - Endlich werden hier keine Tiere mehr gehalten.
Endlich werden hier keine Tiere mehr gehalten. Foto: © Jan Peifer

Neben dem sehr schlechten Allgemeinzustand der Tiere waren unter anderem katastrophale hygienische Zustände und auch bauliche Mängel bekannt geworden. Angesichts der erneuten Videoaufnahmen zeigte sich auch die Landesagrarministerin entsetzt, und eine Petition mit der Forderung zur Schließung des Schweinehochhauses wurde fast 300.000-mal unterzeichnet. Nach der Ausstrahlung der Bilder durch einen Fernsehsender und einer weiteren Großdemonstration knickte der Betreiber schließlich ein. Anfang 2018 kündigte er zunächst an, das Gebäude modernisieren und tierschutzkonform renovieren zu wollen. Hierzu hätten jedoch die gesamte technische Ausstattung inklusive der Fahrstühle, Beleuchtung und Belüftung erneuert werden müssen, und auch die Frage nach einem Evakuierungsplan wäre damit nicht beantwortet. Dieser Aufwand wäre mit nicht unerheblichen Kosten verbunden gewesen. Dennoch hätte der Betrieb nach einem Umbau im Rahmen einer fünfjährigen Frist ohne eine erneute Zulassungsprüfung wieder aufgenommen werden dürfen. Diese Frist aber ließ der Betreiber mit Ablauf des letzten Jahres verstreichen. Zudem wurde unlängst bekannt, dass die Genehmigung bereits 2021 ausgelaufen war. Was mit dem Gebäude nun geschieht, ist unklar. Offenbar ist es bei Anhängern der sogenannten LostPlace-Bewegung (zu dt. verlassene Orte) ein begehrtes Ziel geworden. Klar ist jedoch: Als Schweinehochhaus ist der Betrieb Geschichte.

Jan Peifer