Projekt Kitty

Straßenkatze – was nun?

Das Problem der Straßenkatzen ist deutschlandweit verbreitet. Häufig handelt es sich um Katzen, die beim Umzug zurückgelassen oder einfach vor die Tür gesetzt werden. Katzen sind Überlebenskünstler und extrem anpassungsfähig. Sie machen dann also das, was sie am besten können: sich alleine durchschlagen.

Meistens versuchen sie zu Beginn noch, Anschluss zu finden, werden aber oft verjagt und dadurch immer scheuer und Menschen gegenüber misstrauischer. Wenn sich solche Katzen auch noch vermehren, wird jede Generation scheuer, bis sie sich gar nicht mehr anfassen lassen, und es entstehen große Populationen aufgrund der hohen Vermehrungsrate bei Katzen.

Ein immer wieder auftretendes Phänomen ist, dass sich herrenlose Katzen oft über Wochen in der Nähe von Menschen (Privathäusern, Firmen etc.) aufhalten. Wenn sie Glück haben und dort Menschen mit Herz wohnen, wird ihnen gelegentlich Futter hingestellt. Irgendwann bekommt die Katze Nachwuchs, und erst dann werden viele Menschen aktiv und informieren uns. Das ist sehr schade, denn für uns ist es extrem aufwendig, einen Wurf aufzunehmen, an Menschen zu gewöhnen und zu vermitteln. Es wäre viel einfacher, sich früher zu melden, wenn es nur um eine Katze geht, die wir einfangen, kastrieren und dann wieder zurücksetzen können. Wenn Ihnen also Katzen auffallen, die einen ängstlichen und verschreckten Eindruck machen, nicht wirklich gut aussehen und Ihrem Wissen nach nicht zur Nachbarschaft gehören, wäre es toll, wenn Sie sich an das örtliche Tierheim oder einen Katzenschutzverein wenden. Sie können dann das Tier anfüttern, damit ein Einfangen mit einer Lebendfalle überhaupt möglich wird. Meistens stellt Ihnen der jeweilige Tierschutzverein eine Falle zur Verfügung, und das Füttern findet ein paar Tage in der Falle statt, ohne dass diese scharf gestellt ist. Dann wird ein Tag verabredet, an dem die Katze eingefangen und einem Tierarzt vorgestellt wird, um sie zu kastrieren und zu versorgen.

In den letzten sechs Wochen haben wir über 50 Katzen kastrieren lassen. Bis heute (Ende Oktober 2024) haben wir in unserem Projekt in diesem Jahr 269 Katzen kastriert, tierärztlich versorgt und gekennzeichnet. Die Mehrzahl sind freilebende Katzen, darunter, wie immer, viele gesundheitlich angeschlagene Tiere. Von Zahnproblemen über extremen Parasitenbefall bis hin zu Knochenbrüchen war wieder alles vertreten. Anfang Oktober tauchte an einer unserer Futterstellen eine Katze auf, die mit einem Hinterlauf nicht mehr auftreten konnte. Nach mehreren Versuchen konnten wir die Katze einfangen und unserem Tierarzt vorstellen, der einen kompletten Bruch im Sprunggelenk feststellte. Da eine Behandlung mit Fixateur, wie sie bei Hauskatzen möglich wäre, hier keine Option war, entschieden wir uns für eine Amputation. Die Operation ist einfach in der Wundversorgung und ermöglicht der Katze weiterhin ein selbstständiges Leben. Die Katze wurde operiert und ist mittlerweile schon wieder draußen unterwegs. Zum Glück hat unser Team mittlerweile viel Erfahrung in solchen Fällen und kann in Absprache mit den Tierärzten fast immer eine gute Lösung finden.

Ein weiterer schwerer Fall ist die kleine Hexe, die großes Glück hatte, meiner Kollegin Melanie Schreiber auf einem Supermarktparkplatz aufzufallen. Aus dem Augenwinkel sah Melanie das kleine, verängstigte Kätzchen zwischen den Autos flitzen und bemerkte sofort, dass mit dem Auge des Winzlings etwas nicht stimmte. Mit der Hilfe von Bekannten konnte das Kätzchen eingefangen werden. Erst da sah man das Ausmaß der Verletzung und wusste sofort, dass noch am selben Tag gehandelt werden musste. In der Tierarztpraxis angekommen, wurde das Kätzchen sofort in Narkose gelegt und das schwer verletzte Auge entfernt. Da das andere Auge intakt ist, geht unser Tierarzt davon aus, dass es sich um eine nicht behandelte Verletzung handelt und nicht um den für freilebende Katzen typischen Katzenschnupfen. Trotz weiterer Behandlungen des Narbengewebes entwickelt sich die kleine Hexe prächtig und ist bereit für ein neues Zuhause.

Erstaunlich ist auch der große Anteil an Rassekatzen, um die wir uns in diesem Jahr gekümmert haben. Von Persern über Britisch Kurzhaar, Siam und Bengalkatzen bis hin zu Scottish Fold Katzen, deren Zucht zum Glück mittlerweile verboten ist, war alles dabei. Leider lassen sich viele Tierfreunde immer noch dazu verleiten, Scottish Fold oder deren Mischlinge aufzunehmen, ohne die gesundheitlichen Probleme zu kennen. Die Faltohren dieser Katzenrasse sind auf einen Gendefekt zurückzuführen, der schwere Knorpelund Knochenschäden im ganzen Körper verursacht. Die dadurch entstehenden Schmerzen sind nur zeitweise symptomatisch behandelbar und führen letztendlich zum Einschläfern. Auch unser kleiner Kater Björn ist ein solcher Mischling.

Scottish Fold Björn
Scottish Fold Björn. Foto: © Smith, aktion tier

Während ich diesen Bericht schreibe, erreichten mich ständig Nachrichten von einer Frau, deren Vater elf Katzen versorgt hatte und nun verstorben ist. Die Tochter wohnt weit entfernt, und der Hof soll verkauft werden. Da die Katzen älter sind und nicht menschenbezogen, müssen wir wohl auf ein kleines Wunder hoffen.

Wie Sie sehen, reißen die Herausforderungen nicht ab. Für jede Katze, der wir helfen können, sind wir dankbar. Hexe wäre an der Augeninfektion elendig gestorben, und Björn hätte alleine im Wald nicht überlebt. Wir stehen jeden Morgen auf, um Lösungen zu finden und Katzen eine bessere Zukunft zu ermöglichen. All das – von der tierärztlichen Versorgung über Aufnahmemöglichkeiten bis zur Futterversorgung – ist nur durch aktion tier und damit durch Ihre Unterstützung möglich! 

Dafür sagen wir Danke.

In unserem Projekt Kitty Paderborn werden alle Katzen kastriert, tätowiert, gechippt, entwurmt und entfloht. Außerdem prüfen wir, ob zusätzliche Behandlungen notwendig sind, etwa eine Zahnbehandlung oder die Behandlung eines Nabelbruchs. Unser Motto lautet: „Wir werden diese Katze wahrscheinlich nur einmal in ihrem Leben beim Tierarzt haben; daher muss dann auch alles gemacht werden, was nötig ist“.

Susan Smith

Projekt Kitty, Partnerbetreuung NW/RP/HE