Die meisten unserer Leser kennen die Situation sicherlich hinlänglich. In mehr oder minder regelmäßigen Abständen wird öffentlich lautstark Klage darüber erhoben, dass nicht nur in Deutschland die Tierheime entweder gänzlich überfüllt oder aber zumindest an der Grenze ihrer Kapazitäten arbeiten müssen. So zutreffend diese Aussage in den allermeisten Fällen auch ist, muss man leider auch feststellen, dass sich daran an den letzten Jahrzehnten kaum etwas geändert hat. Ebenso kritisch kann sicherlich konstatiert werden, dass als Reaktion darauf zumeist die Forderung nach einer verbesserten, vor allem finanziellen, Ausstattung der Tierheime erfolgt, kaum jedoch Überlegungen dahingehend angestellt werden, wie denn letztlich der immense Druck zur ständigen Aufnahme von in Not geratenen Tieren von derartigen Einrichtungen genommen werden kann.
Dann zumeist betrifft der beklagte Zustand die Aufnahmekapazitäten von Haustieren in Tierheimen, welche in Deutschland zu einem großen Teil von Hunden und Katzen besetzt sind. Darüber hinaus finden sich dort kleinere Haustiere wie Nager oder leider auch, und das in zunehmendem Maße, Reptilien, die sich gerade in den letzten zehn Jahren zunehmender Beliebtheit „erfreuen“. Für Letztere haben die allermeisten Einrichtungen kaum bedarfsgerechte Unterbringungsmöglichkeiten. Ohnehin muss man bei einer sachlichen Betrachtung feststellen, dass Tierheime oder ähnliche Einrichtungen niemals Möglichkeiten schaffen können, die den Bedürfnissen der dort betreuten Tiere vollumfänglich entsprechen. Ein Tierheim ist, auch wenn es im Tierschutz nicht populär ist es auszusprechen, immer nur ein (leider immer noch notwendiges) Übel, um für die vielen in Not geratenen Tiere eine Aufnahmemöglichkeit zu schaffen. Eine wünschenswerte Versorgung eines Hundes oder einer Katze sieht sicherlich anders aus, als es Tierheime überhaupt zu leisten vermögen.
Um es aber auch ganz deutlich auszusprechen: Ein Tierheim kann einem Haustier nicht die Zuwendung zukommen lassen, die z.B. eine Katze innerhalb eine Familie erfahren kann. Insofern sind die Möglichkeiten dieser Einrichtungen generell begrenzt und können keine Alternative zu einer verantwortungsbewussten Betreuung durch einen fürsorglichen Halter darstellen. Deshalb sollten alle Überlegungen in diesem Zusammenhang auch nicht nur in Richtung einer verbesserten Ausstattung der Tierheime gehen, sondern sollten auch die Frage danach stellen, wie denn letztlich die Aufnahme eines Tieres dort vermieden werden kann. Denn auch darüber muss man sich im Klaren sein: Die vorhandene Situation ist keineswegs das Ergebnis unausweichlicher Naturkatastrophen, sondern des Handelns einzelner und verantwortungsloser Menschen! Nur: Die Verursacher dessen sind sich ihres verantwortungslosen Handelns oftmals nicht bewusst. Für sie stellt die Abgabe ihres Haustieres in einem Tierheim eine akzeptable Alternative zur eigenen Versorgung dar. Nach dem Motto „im Tierschutz ist es ja gut aufgehoben“ wird letzten Endes die eigene Verantwortung auf die Tierschutzorganisationen abgeschoben, die dann mit hohem Aufwand und mit großen Schwierigkeiten dieser Aufgabe gerecht werden müssen. Zudem gehen nach wie vor viele Menschen davon aus, dass es ja auch schließlich Aufgabe des Tierschutzes sei, sich der von ihnen abgelehnten Tiere anzunehmen, obwohl sie selber diese eigenverantwortlich angeschafft haben!
Nachhaltig wirken kann man nur dann, wenn man die Köpfe der Menschen erreicht und sie zur Reflexion ihres eigenen Handelns bewegt.
Holger Knieling, aktion tier e.V.
Solange aber diese Denkweise in vielen Köpfen der Bevölkerung vorhanden ist, wird sich an der überfüllten Situation der Tierheime wenig ändern. Was also tun? Wie kann man erreichen, dass weniger Menschen sich unbedarft ein Haustier zulegen, welches anschließend in einem Tierheim landet?
Nachhaltig wirken kann man nur dann, wenn man die Köpfe der Menschen erreicht und sie zur Reflexion ihres eigenen Handelns bewegt. Nur dann kann man die Hoffnung haben, dass die zu Recht beklagten Zustände nicht nur in den Tierheimen, sondern auch im Tierschutz generell sich grundlegend verbessern. Denn nicht nur als Tierhalter, sondern auch als Konsumenten sind die Menschen bzw. deren Verhalten verantwortlich für tierschutzwidrige Belange. Man kann nicht die Zustände in der Massentierhaltung beklagen und gleichzeitig die daraus resultierenden Produkte im Lebensmittelregal bedenkenlos kaufen. Ebenso wenig wäre es konsequent, die Zerstörung der Lebensräume vieler Tierarten zu bedauern und gleichzeitig die Wohnungseinrichtung mit illegal geschlagenen Tropenhölzern ausstatten. Oder die katastrophalen Zustände in der Zucht von Rassehunden im osteuropäischen Ausland anzuklagen und gleichzeitig dort ein vermeintlich billiges Tier zu erwerben.
aktion tier steht für präventiven Tierschutz
Diesen präventiven Tierschutz im Sinne einer Bewusstseinsveränderung der Menschen in unserem Lande leistet aktion tier e.V. seit fast zwei Jahrzehnten. Nicht nur, weil wir es als langfristig einzig sinnvollen Weg zur Lösung der vorhandenen Probleme im Tierschutz erachten, sondern auch, weil es unsere Vereinssatzung in §2 der wesentlichen Aufgaben unseres Vereines gebietet. Denn das, was in anderen Bereichen wie z.B. der gesundheitlichen Prävention oder im Umweltschutz als adäquates Mittel erachtet wird, hat bislang im Tierschutz wenig Unterstützung. Dort sehen die überwiegende Mehrheit der Tierschutzvereine ihre wesentliche Aufgabe darin, eine Hilfestellung für bereits in Not befindliche Tiere zu leisten und somit streng genommen zwar die Auswirkungen, nicht jedoch die Ursachen zu bekämpfen.
Lange Jahre haben wir mit dieser Sichtweise allein auf weiter Flur gestanden. Oftmals wurden wir für unser Vorgehen, welches unsere Vereinssatzung zwingend vorschreibt, sogar noch angegriffen, getreu der immer noch vielfach verbreiteten Ansicht, dass Tierschutz ausschließlich die reine Versorgung von Tieren darstellt. Insofern bedeutet die erst kürzlich von der Bundesregierung veröffentlichte Einschätzung Hoffnung, dass der Überfüllung der deutschen Tierheime entgegenzuwirken sei. Die zuständige Parlamentarische Staatssekretärin beim BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) Dr. Maria Flachsbarth erklärte: „Tierheime erfüllen wichtige Aufgaben in unserer Gesellschaft. Sie betreiben praktischen Tierschutz und das in vielen Fällen ehrenamtlich. Sie übernehmen aber auch wichtige öffentliche Aufgaben, wie die Versorgung von Fundtieren. Tiere haben unseren Respekt verdient. Dazu gehört, sich vor dem Kauf über die Bedürfnisse der Tiere zu informieren“. Gleichzeitig hat das Ministerium eine Haustierfibel veröffentlicht, in der potentielle Tierbesitzer sich vor der Anschaffung über die Bedürfnisse, aber auch Anforderungen eines Haustiers informieren können.
So weit, so gut. Eine derartige Publikation hat aktion tier e.V. bereits vor vielen Jahren erstellt. Das Problem dabei ist weniger die Erstellung, als vielmehr die Verbreitung dessen. Zurzeit ist die Broschüre des BMEL nur im Download verfügbar. Leider haben aber verantwortungslose Tierhalter die negative Eigenschaft, sich gerade nicht persönlich motiviert mit den Anforderungen an eine Tierhaltung zu beschäftigen. Wie erreicht man dennoch diese Menschen?
Wie bereits eingangs formuliert, schicken wir dafür Mitarbeiter auf die Straße. Dort treffen wir diejenigen an, die oftmals gedankenlos letztlich schlimme Tierschicksale verursachen oder aber durch ihr Kaufverhalten negative Zustände in der Tierhaltung weiterhin profitabel machen. Mit ihnen ins Gespräch zu kommen, ihnen auf eine positive Art und Weise Anregungen zu geben und daraus resultierend auf eine Verhaltensänderung zu hoffen ist Aufgabe derjenigen, die bei Wind und Wetter ihrer Tätigkeit im Sinne unserer Vereinssatzung nachkommen. Und das ist nicht einfach. Denn wer möchte schon gerne an seine eigene Verantwortung erinnert werden, wenn diese eventuell auch noch unbequem ist?
An dieser Stelle möchten wir unseren Lesern gerne einige dieser Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vorstellen, die ihrer Aufgabe aus verschiedenen Motiven heraus nachkommen. Allen gemein ist die Tatsache, dass ihre Tätigkeit ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis darstellt, wie es eigentlich selbstverständlich sein sollte. Denn wir vertreten die Auffassung, dass wir nicht Verantwortung gegenüber unseren tierischen Mitgeschöpfen predigen können, ohne unsere eigene Verantwortung gegenüber den Menschen wahrzunehmen, die einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung unserer Vereinssatzung leisten. Und dazu gehört es auch, dass sie eine soziale Absicherung in Form von einer Krankenversicherung oder Beiträgen zur Rentenversicherung erfahren. Dies sehen leider nicht alle karitativen Organisationen so. Und wir dürfen dabei nicht vergessen, dass diese Mitarbeiter unsere Visitenkarte in der Öffentlichkeit darstellen. Ihr Auftreten wird unmittelbar mit der Organisation in Verbindung gebracht, die sie an ihren Informationsständen repräsentieren, nämlich aktion tier e.V. Insofern üben sie eine doppelte Funktion aus, die nicht nur die Aufklärungsarbeit im Sinne eines präventiven Tierschutzes beinhaltet, sondern auch oftmals den ersten Kontakt zu uns und unserer Arbeit. Ein großer Teil unserer Mitglieder dürfte eine erste Erfahrung mit aktion tier e.V. nicht in einem oder über eines unserer Projekte erfahren haben, sondern durch ein Gespräch mit einem oder einer derjenigen, die wir Ihnen im Rahmen dieses Beitrages nun gerne vorstellen möchten. Vielleicht erkennt der eine oder andere Leser dieses Artikels ja die Person wieder, die er oder sie mal „auf der Straße“ getroffen hat.