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Überwinterungsstrategien unserer Schmetterlinge und wie man ihnen helfen kann

Wenn im Winter der Garten tief verschneit ist, fragt sich vielleicht manch einer, wo die Schmetterlinge sind. Sterben die alle im Herbst? Bauen sie sich Unterschlüpfe oder ziehen sie in den Süden?

Der Admiral (Vanessa atalanta) ist ein Wanderfalter und überwintert v.a. in Süddeutschland, gerne versteckt in Efeu-Ranken. Foto: © Ursula Bauer

Für unsere heimischen Insekten, zu denen auch die Schmetterlinge zählen, ist die Gefahr, zu erfrieren relativ gering. Trockene Kälte und frostige Minusgrade sind für sie meist ungefährlich. Insekten suchen sich Verstecke, die sie vor allzu extremen Temperaturen schützen, reduzieren ihre Körperfunktionen auf ein Minimum und fallen in eine Art Kältestarre. Als wechselwarme Tiere hängt ihre Körpertemperatur von der Umgebungstemperatur ab. Je wärmer es draußen ist, umso aktiver sind sie. Wird es kalt, werden Insekten entsprechend langsamer bis sie schließlich ganz erstarren.

Die Schmetterlinge (Lepidoptera) bilden mit rund 160.000 bekannten Arten nach den Käfern die zweitgrößte Ordnung innerhalb der Klasse der Insekten. Sie besiedeln sämtliche Kontinente mit Ausnahme der Antarktis. In Deutschland kommen etwa 3.700 Schmetterlingsarten vor, darunter etwa 160 Tagfalterarten. Im Rahmen ihrer Entwicklung vom Ei über die Raupe bis zur Puppe, aus der dann der vollentwickelte Falter schlüpft, durchlaufen diese Tiere einen vollständigen Gestaltwandel (Metamorphose).

Entwicklungszyklus des Schmetterlings. Foto: © Ursula Bauer

Die meisten einheimischen Schmetterlingsarten werden nicht alt. In der Regel sterben die ausgewachsenen Falter nach etwa 3 Monaten. Während dieser Zeit haben sie sich gepaart und die Weibchen haben ihre Eier abgelegt. Bei diesen Arten überwintern die Eier, die Raupen oder die verpuppte Larve. Einige wenige Arten wie Tagpfauenauge, Trauermantel, Zitronenfalter und Kleiner Fuchs können allerdings bis zu 1 Jahr alt werden. Sie überwintern als erwachsene Falter und sind dann im kommenden Frühjahr paarungsbereit.

Die verschiedenen Überwinterungsstrategien im Einzelnen

Überwinterung als erwachsener Schmetterling

Von den 160 heimischen Tagfalterarten überwintern lediglich Kleiner und Großer Fuchs, Tagpfauenauge, C-Falter, Trauermantel und Zitronenfalter als vollentwickelter Schmetterling. Der Zitronenfalter ist besonders kälteresistent, da er eine Art körpereigenes Frostschutzmittel produziert. Durch in den Zellen eingelagertes Glycerin kann seine Körperflüssigkeit nicht gefrieren und der Falter bis zu minus 20 Grad unbeschadet überstehen. Die 6 genannten Schmetterlingsarten suchen, wenn es kälter wird, geschützte Orte auf. Das können Baum- oder Felshöhlen sein aber auch Schuppen, Keller, Garagen und Dachböden werden gerne zum Überwintern genutzt. Die Schmetterlinge heften sich meist über Kopf an die Decke ihres Schlupfwinkels und warten so auf den Frühling. Da sie als fertiger Falter überwintern sind diese Arten auch die ersten, die man teilweise bereits im Januar oder Februar herumfliegen sieht.

Überwinterung als Ei

Bei Schmetterlingsarten wie Nierenfleck-Zipfelfalter und Apollofalter, die diese Strategie praktizieren, heften die erwachsenen Weibchen im Sommer ihre Eier an Pflanzenteile. Die winzigen Eier überstehen den Winter ohne zusätzlichen Schutz. Im Frühjahr schlüpfen dann die kleinen Raupen, fressen, wachsen und verpuppen sich, bis dann ab Juli die erwachsenen Falter schlüpfen und der Kreislauf von neuem beginnt.

Auch als Eier überdauern manche Falterarten den Winter. Foto: © Ursula Bauer

Überwinterung als Raupe

Die überwiegende Mehrheit der Tagfalterarten überwintert als Raupe in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Dazu zählen unter anderem Arten wie Schachbrett und Großer Schillerfalter sowie zahlreiche Bläulinge. Die Raupen verkriechen sich unter der Rinde von Bäumen oder im Pflanzenwuchs, andere spinnen sich in mit Hilfe der dünnen Seidenfäden aus ihren Spinndrüsen ein dickes Gespinstnest oder bauen sich aus Blättern eine schützende Hülle (Hibernarium). Manche Raupen überwintern auch relativ ungeschützt auf Zweigen von Bäumen und Sträuchern. Im Frühjahr fressen und wachsen die Raupen dann weiter, bis sie sich schließlich verpuppen und die ersten Falter ab Mai ausschlüpfen.

Die Mehrzahl der Schmetterlinge überwintert als Raupe
Die Mehrzahl der Schmetterlinge überwintert als Raupe. Foto: © Ursula Bauer

Überwinterung als Puppe

Nur wenige Schmetterlingsarten wie etwa Schwalbenschwanz, Aurorafalter, Großer Kohlweißling, Landkärtchen, Blauschillernder Feuerfalter und Grüner Zipfelfalter überwintern als Puppe. Manche Raupen verpuppen sich vor dem Winter im Boden oder in einem selbst gesponnenen Seidenkokon. Bei vielen Tagfalterarten besitzt die Puppe jedoch keinerlei Schutz außer ihrer Puppenhülle. Diese ist in der Regel gut getarnt, so dass die meist an Stengeln festgehefteten Puppen vor Fressfeinden geschützt sind. Allerdings sinkt die Überlebenschance dieser Puppen durch den häufig praktizierten Gartenputz im Herbst, bei dem verblühte Stauden abgeschnitten und mitsamt der angeklebten Schmetterlingspuppen vernichtet werden, was mit ein Grund für die zunehmende Seltenheit mancher Arten ist. Im Frühjahr dauert es noch ein Weilchen, bis die Gestaltwandlung der Puppen-Überwinterer vollzogen ist, so dass die fertigen Falter ab etwa April schlüpfen.

Manche Falterarten überwintern als Puppe
Manche Falterarten überwintern als Puppe. Foto: © Ursula Bauer

Wanderfalter

Wie Zugvögel fliegen auch einige Schmetterlingsarten wie Admiral, Distelfalter, Postillon und Taubenschwänzchen im Frühling aus Afrika und dem Mittelmeerraum nach Mittel- und Nordeuropa. Das Taubenschwänzchen, ein äußerst schneller und kolibriartiger Flieger, erreicht bei seinem Wanderflug eine Geschwindigkeit von bis zu 60 km/h und benötigt für seinen etwa 2.000 km langen Weg von Nordafrika oder Südeuropa nach Deutschland rund 2 Wochen. 

Die Wanderfalter folgen dem in Europa saisonal wechselnden Nahrungsangebot. Werden die Futterpflanzen durch zunehmende Dürre im Süden knapp, ziehen sie nordwärts bis nach Skandinavien. Sie vermehren sich bei uns und die im Hochsommer geschlüpfte Nachfolgegeneration tritt dann im Herbst den Rückflug an. Während bei den meisten Wanderfalter die Alttiere im Sommer nach der Eiablage sterben, kann das Taubenschwänzchen, welches bis zu 4 Jahre alt werden kann, den weiten Weg über die Alpen mehrmals in seinem Leben zurücklegen.

Taubenschwänzchen schwirren wie Kolobris von Blüte zu Blüte. Foto: © Ursula Bauer

Wie Sie Schmetterlingen über den Winter helfen können

Schneiden Sie verblühte Stauden erst im Frühjahr zurück. In den hohlen Stengeln können viele Insekten überwintern. Stein- oder Reisighaufen im Garten bieten ebenfalls gute, natürliche Winterquartiere. Efeu oder Wilder Wein an Mauern und Fassaden sind weitere wichtige Überwinterungsmöglichkeiten und sollten daher während der Herbst- und Wintermonate nicht zurückgeschnitten werden.

Schmetterling in der Wohnung – was tun?

Im Herbst suchen vor allem Tagpfauenaugen gerne Schutz in Kellern, Garagen oder Wohnungen. Wenn die Heizung eingeschaltet wird, wachen sie auf, finden jedoch kein Futter und sterben, wenn sie in der Wärme bleiben. Da sie draußen in der Kälte erfrieren würden, ist es am besten, sie in eine kleine Pappschachtel mit Luftlöchern zu setzen und diese an einen ruhigen und dunklen Ort zu stellen, der kühl aber frostfrei ist. 

Beim Umsetzen bitte niemals an den Flügeln anfassen, da sich sonst die winzigen Schuppen auf der dünnen Flügelhaut lösen, was die Flugfähigkeit des Falters beeinträchtigen kann. 

Steigt im zeitigen Frühjahr die Temperatur auf über 10 Grad, erwacht der Falter und muss freigelassen werden. In dieser Zeit am besten täglich kontrollieren, ob das Tier in der Schachtel herumflattert und raus möchte.

Ursula Bauer

Diplom-Biologin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.