Nachhaltig leben und einkaufen

Pelzfarmen in Deutschland schließen

Es ist eines der ganz großen Themen vieler Kampagnen von Tierschützern und Tierrechtlern: Der Kampf gegen die Pelztierzucht. Füchse, Marderhunde, Nerze, in asiatischen Ländern nicht selten auch Hauskatzen und Hunde, werden weltweit auf Farmen gezüchtet, um ihren Pelz für die Verarbeitung, insbesondere in der Bekleidungsindustrie, zu nutzen.

Hier wurden tausende von Nerzen in engen Käfigen gehalten, nun ist die Farm geschlossen. Foto: © Privat

Nach offiziellen Angaben stammt rund die Hälfte aller weltweit verarbeiteten Pelze von Tieren, die ausschließlich zur Pelzgewinnung gezüchtet werden, ein weiterer Großteil fällt als Nebenprodukt etwa in der Fleischproduktion an (z.B. Kaninchenpelz oder Schaffell), ca. 10-15% stammt aus der Jagd auf frei lebende Tiere. Auch wenn die Pelzindustrie gerne das Gegenteil behauptet – die Unbeliebtheit in der Bevölkerung ist groß. Laut einer Forsa-Umfrage würden fast 90% der Verbraucher es ablehnen, sich in einer Pelzjacke auf der Straße zu zeigen. Dieser Trend hatte in den letzten Jahren erheblichen Einfluss auf die europäische und auch die deutsche Pelzindustrie. Die Einfuhr und der Handel von Produkten aus oder mit Katzen- oder Hundefell etwa sind EU-weit verboten, in einigen Ländern wie Österreich oder Großbritannien ist der Betrieb von Pelzfarmen generell nicht mehr erlaubt.

Auch in Deutschland haben in den letzten zehn Jahren mehr als 20 Pelzfarmen geschlossen, nur noch eine Handvoll Nerzfarmer sträubte sich bisher beharrlich. Das Leben von Farmnerzen ist dabei besonders qualvoll: Die wasserliebenden Tiere sind in Freiheit Einzelgänger, verbringen rund die Hälfte ihres Lebens am oder im Wasser. Auf Nerzfarmen haben sie keine Möglichkeit, dieses Bedürfnis zu befriedigen. Stattdessen fristen sie ihr kurzes Dasein zu Tausenden aneinandergereiht in engen, rostigen Drahtgitterkäfigen. Ihr Futter besteht aus einem Brei von Schlachtabfällen und Fischmehl. Ohne Schutz vor Hitze und Kälte leiden sie unter Stress und Verhaltensstörungen. Nach wenigen Monaten werden sie vergast und ihr Fell wird „geerntet“.

In freier Wildbahn lebt ein Nerz in einem Revier von 20 km²

Im Jahr 2006 hatte die Bundesregierung daher endlich auf die Forderung vieler Tierschützer reagiert und eine Verschärfung der Nutztierhaltungsverordnung beschlossen, welche ein deutlich größeres Platzangebot für Nerze auf Pelzfarmen vorsah. Die bis dahin gängigen Abmessungen der Käfige auf Nerzfarmen entsprachen in etwa denen eines Schuhkartons. Nach der neuen Verordnung, die nach einer Übergangszeit von fünf Jahren im Dezember 2011 in Kraft trat und 2016 die nächste Stufe erreicht, ist pro Tier eine Grundfläche von mindestens 1m² vorgeschrieben. Hält man sich vor Augen, dass ein Nerz in freier Wildbahn ein Revier von bis zu 20 km² durchstreift, ist auch diese Zahl ein Hohn. Dennoch hielt und hält sich kaum ein Betreiber an die neuen Vorgaben. Die geänderte Vorschrift käme einem Berufsverbot gleich, hieß es. Nicht ganz von ungefähr, denn die Umrüstung der alten Farmen entsprechend der geänderten Verordnung war für die Betreiber der Pelzfarmen nicht rentabel. Stattdessen wurde dagegen geklagt, und bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung durften damit die alten Käfige weiter genutzt werden. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig schließlich hatte im vergangenen Dezember einer Nerzfarmerin Recht gegeben, die ihr wirtschaftliches Überleben durch die Umsetzung der Haltungsvorgaben gefährdet sah. Die Haltungsverordnung müsse deshalb nicht umgesetzt werden – es sei denn, sie werde in einem vom Bundestag erlassenen Gesetz herbeigeführt. Als Reaktion auf dieses Urteil brachten die Länder Schleswig- Holstein und Rheinland Pfalz die Forderung nach einem kommerziellen Pelzfarmverbot erneut in den Bundesrat ein, diesmal mit Erfolg: Im Juli letzten Jahres hat der Bundesrat den Antrag angenommen und fordert nun von der Bundesregierung das Ende der Pelzfarmen. Dies sei „alternativlos“, die wichtigste Begründung: Das Töten von Tieren ihres Pelzes wegen ist kein vernünftiger Grund, wie ihn das Tierschutzgesetz fordert. Damit fehlt der Pelztierzucht die gesetzliche Legitimation. Ob und wann es tatsächlich zu diesem Verbot kommt, ist unklar, die Entscheidung liegt in den Händen des Bundestags und der Regierung. Doch hat die Diskussion auf höchster politischer Ebene schon jetzt massiven Einfluss. So ist damit zu rechnen, dass zum Jahresende fast alle noch in Deutschland betriebenen Nerzfarmen ihren Betrieb einstellen werden. Die Pelzfarmen haben in Deutschland keine Zukunft. Dies zeigt nicht nur die Einstellung eines Großteils der Verbraucher, von Tierschützern und auch des Bundesrates. Doch werden auch zukünftig Pelze aus anderen, auch europäischen Nachbarländern bei uns auf den Markt kommen. Insbesondere in den osteuropäischen Ländern und Skandinavien werden weiterhin Tiere wegen ihres Pelzes gezüchtet und getötet. Damit sind diese Länder hauptverantwortlich für besonders grausame Tierquälerei. Wer diese nicht unterstützen möchte, sollte daher auch in Zukunft ganz genau hinschauen und im Zweifel lieber vom Kauf eines Kleidungsstücks oder nicht deklarierten Accessoires absehen. 

Kaum noch Pelzfarmen in Deutschland

Nach aktuellen Recherchen von Tierschützern gibt es in Deutschland nur noch ca. 6 Nerzfarmen. Insbesondere in den letzten Monaten haben viele geschlossen, ob dies mit der öffentlichen Ablehnung von Echtpelz oder dem politischen Druck zusammenhängt, ist nicht klar.

Jan Peifer