Was tun wenn... | Stadttauben- gefiederte Obdachlose

Stadttauben - durch Eiertausch Tierleid verhindern!

In Städten sind verwilderte Haustauben allgegenwärtig. Sie sitzen in Nischen auf Bahnhöfen, betteln in Fußgängerzonen um Futter und nisten auf den kleinsten Mauervorsprüngen. Nicht verwunderlich also, dass sich im Mai eine Stadttaube über einem Tor an unserer aktion tier- Geschäftsstelle ein Nest gebaut hatte.

Tauben in der Stadt. Foto: © Ursula Bauer

Ein Nest ist bei diesen Vögeln kein großes Ding. Ein paar Ästchen reichen, schon ist es fertig. Als die Taube dann fast ununterbrochen darauf saß war klar – hier wird gebrütet. Da Stadttauben, wenn sie nicht in einem betreuten Schlag leben, ein gefahrvolles, entbehrungsreiches und ungesundes Leben führen, entschieden wir, die Vermehrung unseres Täubchens zu verhindern.

Wir besorgten uns Dummy-Eier aus Vollkunststoff, die den Taubeneiern verblüffend ähnlichsehen. Etwa 5 Tage nachdem der Vogel mit dem Brüten begonnen hatten, kletterten wir auf eine Leiter, nahmen die beiden echten Eier aus dem Nest und ersetzten sie durch zwei Plastikeier. Die aufgescheuchte Taube kam nach ein paar Minuten zurück und brütete weiter, als sei nichts geschehen.

Während des Eiertauschs wartet das Täubchen ungeduldig auf dem Dach. Foto: © aktion tier, Ursula Bauer

Die entnommenen Eier legten wir für 30 Minuten ins Gefrierfach und entsorgten sie dann im Biomüll. Unsere Taube blieb dann noch 16 Tage auf den Kunsteier sitzen. Als nach der gängigen Brutzeit von 18-21 Tagen keine Küken schlüpften, verließ sie das Nest und wir konnten alles entfernen. Fast unmittelbar danach flogen mehrere Täuberiche in unseren Hinterhof ein und balzten, was das Zeug hält. Unser Täubchen war ständig auf der Flucht vor den aufdringlichen Bewerbern und hatte gar keine Zeit, sich von der anstrengenden Brutzeit zu erholen.

Stadttauben sind sehr standortstreu, so dass wir bald wieder mit einem Nest und zwei Eiern auf dem Torbogen rechnen. Das ist jedoch kein Problem – die werden einfach wieder ausgetauscht. So betreiben wir effektive Geburtenkontrolle, die jeder leicht nachmachen kann.

Verblüffend ähnlich- rechts echte Eier, links Kunsteier. Foto: © aktion tier, Ursula Bauer

Ist der Eiertausch erlaubt?

Alle europäischen Wildvögel, also auch Wildtauben wie Ringeltaube und Türkentaube sind durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG) besonders geschützt. Es ist unter anderem verboten, deren Eier oder Küken aus den Nestern zu entnehmen.

Bei Stadttauben handelt es sich jedoch nicht um Wildvögel, sondern um die domestizierte Form der im Mittelmeerraum natürlicherweise vorkommenden wildlebenden Felsentaube (Columba livia). Aus dieser Wildtaube wurden mehr als 800 Rassen von Haustauben gezüchtet, die unter anderem als Flugtauben (Brieftauben), zur Fleisch- und Eierproduktion oder zu Ausstellungszwecken gehalten werden. Stadttauben sind also ursprünglich Nutz- oder Haustiere, welche vorrangig durch Aussetzen verwildert sind und gelernt haben, in unseren Städten zu überleben. In diesem Fall ist eine tierschutzkonforme Geburtenkontrolle durch Eiertausch erlaubt.

Bitte helfen Sie mit!

Es ist besser und humaner, die Eier auszutauschen, anstatt sie mitsamt dem Nest zu entfernen. Die Tauben würden bei Vernichtung ihres Nestes in Panik verschwinden und einen neuen Nistplatz suchen, Eier legen und brüten. Diesmal wahrscheinlich ohne die Möglichkeit, eine Vermehrung durch Eiertausch zu verhindern. Den Wechsel der Eier bemerken die Tiere jedoch nicht und bleiben weiter an dem Brutplatz, manchmal sogar ein Leben lang, was bei Stadttauben etwa 3 Jahre dauert.

Ein Stadttaubenpaar kann bis zu 6 Mal pro Jahr je 2 Küken großziehen. Das wären 12 Jungtauben pro Jahr, von denen zumindest in unseren Innenstädten aber nur ca. 10%, also etwas mehr als 1 Vogel überleben. Alle anderen verhungern, werden überfahren oder von Greifvögeln geschlagen.

Tote Jungtaube in der Stadt. Foto: © Ursula Bauer

Wenn wir die Chance haben, so viel Tierleid zu verhindern, indem wir die harmlosen Tiere in unserer Nähe zum Beispiel auf dem Balkon, auf dem Dachboden oder, wie bei uns, über dem Torbogen dulden und durch den einfachen Austausch der Eier eine effektive Geburtenkontrolle zu betreiben, dann sollten wir sie nutzen. Herzlichen Dank!

Wie verhalte ich mich richtig

  • Wenn ein Taubenpärchen gerade ein Nest baut aber noch keine Eier vorhanden sind, darf man die Anfänge entfernen und tierfreundliche Maßnahmen wie das Verschließen einer Nische oder das Abdecken freier Ecken ergreifen, damit nicht erneut mit einem Nestbau begonnen wird.
  • Entdecken Sie ein Nest mit 2 Eiern, welche höchstens 6 Tage bebrütet wurden, dann tauschen sie diese am besten, wie oben beschrieben, durch Plastik- oder Gipseier aus. Falls Sie nicht zur Geburtenkontrolle bereit sind, können Sie auch das ganze Nest entfernen und neuerlichen Nestbau verhindern. Bitte nie ein einzelnes Ei mitsamt dem Nest entfernen. Tauben sind genetisch darauf programmiert, immer zwei Eier zu legen. Wenn sie daran gehindert werden, weil plötzlich das Nest weg ist, bleibt das herangereifte Ei im Körper stecken und kann zu einer lebensbedrohlichen sogenannten Legenot führen.
  • Wurden die beiden Eier im Nest länger als 6 Tage bebrütet, haben sich darin empfindungsfähige Embryonen entwickelt. Nun muss der Schlupf der Küken sowie die Dauer der Aufzuchtphase von 4-6 Wochen abgewartet werden. Danach kann das Nest abgeräumt werden. Gleiches gilt für ein Nest mit Küken. Alle Tiere, also auch Stadttauben und deren Nachwuchs, sind nach dem Tierschutzgesetz geschützt. Wer sie ohne vernünftigen Grund tötet oder ihnen aus Rohheit Schmerzen und Leiden verursacht, kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.

Was tun, wenn Stadttauben auf dem Balkon brüten? Video